Raufutter für Pferde: Heu, Heulage & Silage verstehen und gezielt einsetzen

Lesedauer: 6 Minuten | Veröffentlicht am 30.06.2025

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Raufutter für Pferde bedeutet viel mehr als bloßes ‚Füllmaterial‘ zwischen Kraftfutter-Mahlzeiten. Es ist essenziell für die Gesunderhaltung jedes Pferdes, weshalb Raufutter in all seinen Formen – sei es in der warmen Jahreszeit Weidegras oder in der kalten Jahreszeit Heu und Heulage – 24/7 zur Verfügung stehen sollten. Dies kommt dem natürlichen Fressverhalten des Pferdes am nächsten. Zudem sollte die Fütterung zu rund 70 bis 80 Prozent aus hochwertigem Raufutter bestehen. Wir zeigen euch, was das bedeutet und was es alles zu beachten gilt.

Was gehört alles zum Raufutter – und warum ist es so wichtig?

Zum Raufutter für Pferde gehören Weidegras sowie seine getrockneten Formen Heu, Heulage und Stroh. Die Fütterung sollte stets hauptsächlich aus möglichst hochwertigem Heu bzw. Heulage bestehen. Hochwertig ist eine Wiese, wenn diese nicht nur das bekannte Deutsche Weidelgras beinhaltet, sondern artenreich ist und auch Kräuter zur Mischung gehören. Artenvielfalt ist Trumpf: Zittergras, Schafschwingel, Ruchgras und unterschiedliche Vertreter der Gattung der Trespen, Rispengräser, Kammgras, Wiesenhafer und Knaulgras sind allesamt für Pferde besonders wertvoll. So viel Zeit wie möglich sollte das Pferd im Jahresverlauf Raufutter als Weidegras aufnehmen.

„Das sensibelste innere Organ beim Pferd ist der Darm“, erläutert Dr. Olivier Brandenberger von der Hanseklinik für Pferde. „Kraftfutter sollte immer nur nach dem Raufutter gefüttert werden, wenn der Magen schon mit dem eher alkalischen Heu etwas ausgefüllt ist. So kann der säureproduzierende Zucker im Kraftfutter weniger belastend wirken. Zuerst das Heu und eine halbe Stunde später das Kraftfutter kann dabei schon viel bewirken. Raufutter schont den Magen, entlastet den Dünndarm und sorgt für eine ausgeglichene Darmflora. Raufutter ist zudem der beste Säure-Puffer. Raufutter hat zudem den Vorteil, dass es zusätzlich als Beschäftigung dient, das Kaufbedürfnis befriedigt, eine gewisse Vorbeugung von Verhaltensauffälligkeiten bietet und Stress abbaut. Die Fressdauer wird durch Raufutter verlängert, der Speichelfluss erhöht. Die Magen- und Darmgesundheit wird dadurch in hohem Maße unterstützt."

Heu – Der bewährte Standard in der Pferdefütterung

Heu wird kurz vor, während und nach der Blüte von Gras geschnitten. Je später der Schnitt erfolgt, desto höher liegt der Gehalt an Rohfasern. Das Gras sollte eine Schnitthöhe von mindestens fünf bis sieben Zentimetern haben, damit so wenige Fremdkörper wie möglich ins Heu geraten. Die Trocknungsphase dauert unter normalen Bedingungen eine knappe Woche, während der das Heu mehrfach gewendet wird. Die Restfeuchte muss nach Abschluss der Trocknung unter 15 Prozent liegen. Um die Restfeuchte zu testen, kann man das Heu wie beim Auswringen drehen: Brechen die Halme dabei, ist es trocken genug. Ein großer Vorteil von Heu ist sein Rohfaseranteil, der für das Pferd optimal ist, sofern die Heuqualität passt. Er liegt bei 23 bis 30 Prozent. Der hohe Rohfaseranteil wirkt sich vor allem positiv auf die Darmtätigkeit aus.

Kleine Ballen sind grundsätzlich besser als übermäßig Große, da sich weniger Schimmel bilden kann.

Bei Allergiker-Pferden ist das Einweichen oder Bedampfen des Heus zwar aufwändig, zumal dabei auch nur kleinere Mengen gefüttert werden können und dieses nicht über Tage liegenbleiben darf, jedoch eine Lösung, um die Allergie in den Griff zu bekommen. Zehn Minuten wässern sind allerdings ausreichend, ansonsten werden wichtige Mineralstoffe ausgewaschen. Auch beim Bedampfen kann dies bei zu intensivem Vorgehen passieren. Beim Wässern muss jedes Mal frisches Wasser verwendet und beim Bedampfen sollten die Hinweise des Herstellers des Geräts genau beachtet werden, damit Bakterien und Pilze nicht freie Bahn haben.

Heucobs werden aus gepresstem Heu hergestellt. Sie können als Ersatz oder Ergänzung zu herkömmlichem Heu gefüttert werden. Besonders für Pferde mit Atemwegsproblemen bieten sie sich an, da sie nahezu staubfrei sind. Die Herstellung erfolgt durch Trocknen, Zerkleinern und Pressen von Gras zu Cobs, wobei ein schonendes Warmluftverfahren verwendet wird, um die Nährstoffe zu erhalten. Allerdings müssen Heucobs ausreichend eingeweicht werden, damit sie zu keinen gesundheitlichen Problemen führen.

Heulage – Staubarme Alternative mit besonderen Ansprüchen

Bei der Herstellung von Heulage ist der Landwirt deutlich wetterunabhängiger als beim Heu. Es ist zwar empfehlenswert, das Schnittgut auch für Heulage bei konstant warmer Wetterlage zu ernten, doch muss es nur kurz getrocknet werden, da sein Restfeuchtegehalt bei 40 bis 50 Prozent liegen darf. Der Schnittzeitpunkt für Heulage wird in der Regel früher gewählt als beim Heu. Auch wenn dadurch auf den Reichtum an Rohfasern größtenteils verzichtet wird, hat dies den Vorteil, dass die getrockneten Gräser nicht so sperrig und üppig sind, wenn es an den nächsten Verarbeitungsschritt geht. In diesem wird das Schnittgut nach etwa zwei bis drei Tagen der Trocknung mit Spezialfolie luftdicht umwickelt, sodass kein Luftaustausch mehr stattfindet. Zuvor wird das Schnittgut sehr stark maschinell gepresst, damit keinerlei Hohlräume entstehen, die mit Luft gefüllt sind.

„Heulage ist meines Erachtens ein ebenso qualitätsvolles Futtermittel wie Heu, nur mit anderem Herstellungsablauf“, betont mit Katja Wagner. „Für das Pferd ist es genauso gesund und hat teilweise sogar einen höheren Nährstoffanteil. Das A und O ist die sorgfältige Herstellung, aber das ist bei Heu ja ebenso der Fall.“

Allergischer Husten kann sowohl durch Heustaub ausgelöst werden als auch durch Blütenpollen auf der Weide. Für Pferde mit chronischem Husten ist Heulage in der Regel eine gute Alternative zum Heu. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich durch den Einsatz von Heulage mit ihrem im Vergleich zu Heu höheren Eiweißgehalt oft die Kraftfuttermenge für ihre Pferde reduzieren lässt.

Häufig wird jedoch Heulage auch aus Platzgründen genutzt. Das Einlagern von Heu beansprucht viel mehr Raum in einer trockenen Scheune, während der luftdicht umwickelte Heulage-Ballen draußen lagern kann. Direkte Sonneneinstrahlung sollten die Ballen jedoch nicht ausgesetzt sein, da diese zu Gärprozessen führen kann. Lagerplätze im Norden, welche die Sonne nicht oder kaum erreicht, sind am besten geeignet. Besonders wichtig ist auch, dass sich in der Umgebung keine Feuchtigkeit ablagert. Wasseransammlungen fördern wie beim Heu Schimmel.

Heulage richtig handhaben und füttern

Bei der Heulage ist die Kontrolle auf einen einwandfreien Zustand besonders wichtig. Sie sollte sich auf keinen Fall ungewöhnlich warm anfühlen. Beim Thema Heulage fällt besonders häufig der Begriff Botulismus. Während Clostridium botulinum in Heu eher selten vorgefunden wird, ist die Gefahr im Zuge einer unsachgemäßen Herstellungsweise von Heulage deutlich erhöht. Allerdings gibt es keine verlässlichen Zahlen, ob und wie häufig Botulismus im Spiel ist, wenn Pferde an einer Kolik verenden.

Besonders wichtig ist ein sorgsamer Transport der Heulage-Ballen, da die Folie auf keinen Fall vorab reißen darf. Obgleich die Ballen draußen gelagert werden können, muss zur Abwehr der Botulismus-Gefahr sichergestellt werden, dass diese weder von spielenden Kindern noch von Tieren in Mitleidenschaft gezogen werden.

Einwandfreie Heulage riecht angenehm säuerlich, fühlt sich leicht feucht an und ist hellgrün bis grün in der Farbgebung, wobei die Grashalme gut zu erkennen sein sollten. Hellgelbe oder giftgrüne Farbe weist ebenso wie ein schwarzbrauner Farbton auf ein verdorbenes Produkt hin. Die Konsistenz von verdorbener Heulage ist matschig oder extrem mürbe. Der Geruch unangenehm nach Essig- und Buttersäure.

„Während bei uns Menschen von vielfältiger Ernährung die Rede ist, sollten bei einem Pferd nicht ständig die Futtermittel gewechselt werden“, betont Dr. Oliver Brandenberger. „Die Bakterien im Darm fühlen sich am wohlsten, wenn das gleiche Futter zur gleichen Uhrzeit in der gleichen Menge möglichst konstant zugeführt wird. Bei einem Futterwechsel, wie beispielsweise von Heu auf Heulage, stirbt ein Großteil der Bakterien ab, was zu Gaskoliken und Durchfall führen kann. Die abgestorbene Bakterienflora hinterlässt freie Plätze, welche im schlimmsten Fall durch beispielsweise Salmonellen oder Clostridien eingenommen werden und potenziell tödliche Darminfektionen nach sich ziehen. Wenn eine Futterumstellung erfolgen soll, dann muss diese über etwa zwei bis drei Wochen langsam vollzogen werden"

Silage für Pferde – warum sie im Pferdestall nichts zu suchen hat

Unterschieden werden beim Silieren Heulage mit 50 bis 60 Prozent Trockenmasse, Grassilage mit 30 bis 50 Prozent Trockenmasse sowie Nasssilage mit 20 bis 30 Prozent Trockenmasse. Letztere darf auf gar keinen Fall bei Pferden Anwendung finden, auch Grassilage ist jedoch nicht empfehlenswert. Silage wird von Pferden ohnehin nur schlecht angenommen, eignet sich aber vor allem auch aufgrund ihrer für Pferde ungünstigen Zusammensetzung nicht und kann Verdauungsstörungen und andere Gesundheitsprobleme hervorrufen.

Stroh – Nur Einstreu oder auch Futter?

Die Qualität der Fütterung lässt sich auch in schlechteren Heujahren hochhalten, indem man Stroh zufüttert. Bis zu einem gewissen Maße sollte dieses ohnehin zugegeben werden, vor allem, wenn die Pferde in einer Spänebox oder anderen nicht-fressbaren Einstreualternative stehen. Auf Heu bzw. Heulage darf aber nicht verzichtet werden, um eine gesunde Fütterungspraxis zu ermöglichen.

Etwa ein Drittel des Raufutterbedarfs kann mit Stroh gedeckt werden. Bei Pferden werden häufig Weizen-, Roggen- und Haferstroh verwendet. Roggenstroh empfinden Pferde als wenig schmackhaft als Haferstroh. Weizenstroh wird am häufigsten eingesetzt, da es Flüssigkeiten sehr gut aufsaugt und außerdem relativ geschmacksneutral ist. Stroh ist relativ leicht anfällig für Schimmelpilze. Fühlt das Stroh sich feucht an, eignet es sich nicht als Einstreu, denn es könnte bereits belastet sein. Schwarze oder graue Beläge sind ebenfalls ein Indiz für Schimmelbildung. Stroh sollte beim Aufschütteln eine nur geringe Staubmenge freisetzen, dann ist die Qualität gut.

Grundsätzlich hat hochwertiges Stroh in Maßen durch die vielen Ballaststoffe guten Einfluss auf die Verdauung des Pferdes.

Die Autorin

Geboren 1983 in Mühldorf am Inn, entdeckte ich früh meine Leidenschaft für Schreiben, Kultur, Pferde und Reisen. Nach dem Abitur und einem B.A. in Kulturwissenschaften begann ich 2007 meine journalistische Laufbahn. Mein Artikel über Meredith Michaels-Beerbaums EM-Sieg wurde mehrfach ausgezeichnet. Seither schreibe ich für über 30 Fachmagazine, unterstütze Buchprojekte wie „Ausgewählte Hengste Deutschlands“ und betreue PR-Mandate. Zudem widme ich mich dem Reisejournalismus, etwa in meiner Serie „Turnierhopping".
Alexandra Koch

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