Stallapotheke fürs Pferd: Was ist die richtige Ausstattung für Notfälle und tägliche Pflege

Lesedauer: 7 Minuten | Veröffentlicht am 27.10.2025

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Es gibt Verletzungen und gesundheitliche Probleme, die sich ohne Tierarzt nicht behandeln lassen. Hier ist immer schnelles Handeln gefragt, ob so bald wie möglich Hilfe zu erhalten. Doch natürlich gibt es auch kleine Verletzungen und wenig schwerwiegende Erkrankungen, bei denen der Griff in die gut sortierte und regelmäßig kontrollierte Stallapotheke Mittel der Wahl ist. Allerdings sollte jeder Pferdehalter die Grenzen genau kennen und wissen, wann in jedem Fall ein Experte Hand anlegen sollte. Doch auch dafür kann die Stallapotheke im Ernstfall durch die korrekte Erstversorgung Zeit verschaffen. Sie ist unersetzlich für jeden Pferdehalter. Wir sagen euch, was unbedingt vorhanden sein muss.

Warum ist eine Stallapotheke unverzichtbar?

Eine vollständig ausgestattete Stallapotheke ist unverzichtbar, damit im Ernstfall schnell gehandelt werden kann. Außerdem kann damit bei kleineren Verletzungen oder Erkrankungen durch den Pferdehalter selbstständig gehandelt werden.

Wichtig ist, dass in der Stresssituation einer Verletzung keinesfalls lange nach den passenden Utensilien gesucht werden muss. Alles sollte sich an einem Ort befinden, der allen bekannt ist. Werden Inhalte der Stallapotheke verbraucht, gilt es diese unverzüglich zu ersetzen. So kann im Ernstfall schnell Erste Hilfe für das Pferd geleistet und Komplikationen vermieden werden. Wenn die Stallapotheke sicher und vollständig im Stall verstaut ist, wirkt dies auch als beruhigende Maßnahme für alle Pferdehalter oder Einsteller. Sie können sicher sein, dass sie bei Verletzungen beziehungsweise Erkrankungen selbst schnell erste Hilfe leisten können. Später dient die Stallapotheke natürlich auch der Unterstützung bei der Heilung.

Es gibt zwar keine spezifischen gesetzlichen Vorschriften für die Ausstattung einer Stallapotheke, jedoch ergeben sich Anforderungen aus dem Tierschutzgesetz und anderen Bestimmungen. Tierärzte betonen immer wieder, dass eine Stallapotheke in jedem Fall ein nützliches Utensil ist, allerdings vor allem dann, wenn alle im Stall auch wissen, wie man damit umgeht. Daher sind regelmäßige Schulungen bzw. ein Crashkurs in Sachen Erste Hilfe immer sinnvoll, um das Wissen aufzufrischen oder neu zu erlernen!

Checkliste – Was genau gehört in die Stallapotheke?

Wir haben für euch aufgelistet, was unbedingt in einer Stallapotheke enthalten sein sollte und wieso.

Verbandsmaterial

  • Sterile und unsterile Wundabdeckungen – zur Wundabdeckung 
  • Sterile Mullkompressen – zur Wundabdeckung 
  • Beschichtete Verbandswatterollen – zur Wundabdeckung 
  • Sprühpflaster sowie Alu- und Silberspray  – zum Schutz von offenen Wunden, wenn andere Verbände sich nur schwer anlegen lassen 
  • Selbstklebende Bandagen– zum Fixieren des Verbandes 
  • Pflasterklebeband – zum Fixieren des Verbandes 
  • Elastische und unelastische Binden – zum Fixieren des Verbandes und Abbinden stark blutender Wunden
  • Steril verpackte Tupfer – zur Wundreinigung

Medikamente und Pflegeprodukte

Desinfektionsspray – ganz klar, zur Ersten Hilfe und Wunddesinfektion

Zinkoxydspray/Zinksalbe – entzündungshemmend, antiseptisch und wundheilungsfördernd

Jodsalbe – desinfizierende Wirkung

Percutin-Salbe für Sehnen und Bänder – normalisiert die Flüssigkeitsverteilung im Gewebe und sorgt für Kühlung

Kühlgel oder Heilerde – zur Schmerzlinderung und gegen Schwellungen bei stumpfen Verletzungen; darf nicht auf offene Wunden angewendet werden!

Notfall-Kolikmittel – für den Ernstfall ein krampflösendes Medikament. Bewährt hat sich das rein pflanzliche Mittel Colosan. Es enthält Bitterfenchel, Kassia, Kümmel, Leinsamen, Schwefel und Sternanis, um die Kolik zu mildern.

Hilfsmittel

  • Stumpfe Verbandsschere - zum Schneiden von Verbänden 
  • Normale Schere – für weitere Utensilien 
  • Pinzette – zur vorsichtigen Entfernung von Fremdkörpern  
  • Zeckenzange – zur fachgerechten Entfernung von Zecken  
  • Einweghandschuhe – als Hygienemaßnahme 
  • Digitales Fieberthermometer – zur Temperaturmessung 
  • Taschenlampe – zum Ausleuchten von Wunden oder bei schlechten Lichtverhältnissen

Dokumentation

  • Notfalltelefonliste mit Tierarzt, Klinik, Hufschmied und den wichtigsten Kontakten  
  • Dokumentation von Behandlungen und Medikamentengaben sowie Impfstatus, insbesondere Tetanus

Anwendung der Stallapotheke – Erste Hilfe beim Pferd

Wunden: Zunächst muss geprüft werden, wie tief die Wunde ist. Ist sie tiefer als eine oberflächliche Schürfwunde, sollte der Tierarzt informiert werden. Bei stark blutenden Wunden ist Eile geboten. Auch wenn die Wunde an einem Gelenk oder einer Sehne liegt, sollte rasch gehandelt werden, da es sonst zu schwerwiegenden Entzündungen kommen kann. Bei stark blutenden Wunden hilft ein Druckverband bevor der Tierarzt kommt. Dieser besteht aus sterilen Wundabdeckungen, welche auf die Wunde gelegt werden. Diese werden fixiert, indem man eine Mullbinde einmal um das Bein wickelt. Darauf kommt eine zweite noch aufgerollte Mullbinde, die wiederum fixiert wird. Selbsthaftende Wundbandagen können die Fixierung erleichtern.

Das oberste Prinzip bei der Wundversorgung lautet: Hygiene. Das bedeutet Hände desinfizieren oder Einmalhandschuhe nutzen und die Wunde zunächst unter fließendem Leitungswasser säubern. Dann ist meist das Ausmaß besser zu erkennen. Danach sollte diese mit einem Wundspray behandelt werden. Zu vermeiden sind zu diesem Zeitpunkt Salben, welche sich oft als ungeeignet herausstellen und stattdessen die Keime in der Verletzung einschließen. Bei noch zu nähenden Wunden sind diese ein „No-Go“ und auch sonst sollte die Nutzung mit dem Tierarzt besprochen werden.

In der Regel kann der Pferdehalter Wunden selbst versorgen, welche kaum bluten oder lediglich bis maximal 0,5 Zentimeter tief sind. Dazu gehören oberflächliche Wunden, wie ein Ballentritt, Hautabschürfungen und Kratzer, Scheuerstellen, oberflächliche Riss- und Stichverletzungen sowie gelenksferne Verletzungen. Anders sieht es bei größeren und tieferen sowie gelenksnahen Verletzungen aus. Dort ist das Hinzuziehen eines Tierarztes zur professionellen Versorgung unbedingt zu empfehlen.

„Jede offene Verletzung des Pferdes ist immer als kontaminiert anzusehen“, betont Tierarzt Dr. Björn Freese. „Es gibt im Stall keinen sterilen Ort. Wichtig ist in diesem Rahmen nicht nur die korrekte Wundversorgung, sondern auch die Tetanusprophylaxe. Leider müssen wir immer wieder Pferde erleben, bei denen diese vernachlässigt wurde.“

Schwellungen/Sehnenverletzung

Sehnenverletzungen äußern sich oft durch akute Lahmheit. Mittels Ultraschalluntersuchungen können diese später sehr genau untersucht werden. So findet der der Tierarzt meist schon vor Ort im Stall heraus, wie schwer die Verletzung der Sehne wirklich ist. Eine Kühlung vor Eintreffen des Tierarztes schadet in keinem Fall, sofern keine weiteren Wunden vorhanden sind. Veterinärmedizinische Therapien können bei Sehnenschäden unterschiedlich ausfallen und reichen von per Spritze verabreichten Medikamenten über Spezialbeschläge bis hin zu Laserbehandlungen.

Kolik

Sie ist immer ein Notfall, deshalb sofort den Tierarzt rufen! Bis dieser vor Ort ist, sollte das Pferd im Schritt geführt werden. Im Sommer können zusätzlich die Beine gekühlt werden, im Winter sollte man unbedingt eine Abschwitzdecke auflegen.

Ballentritt

Zunächst sollte geprüft werden, wie stark die Wunde blutet. Es ist ratsam, den Tierarzt die Wunde versorgen zu lassen, allerdings ein Ballentritt kein Notfall. Zunächst sollte die Wunde gesäubert werden und ein Verband mit Druck am Ballen angebracht werden.

Nageltritt

Tritt plötzliches Lahmen auf, handelt es sich häufig um einen Nageltritt. Sofort besteht hier die Gefahr, dass tieferliegende Strukturen im Huf beschädigt werden. Das Pferd sollte auf keinen Fall weiterbewegt und der Tierarzt so schnell wie möglich gerufen werden. Der Nagel oder andere Fremdkörper sollte im Huf steckengelassen werden, außer wenn der Nagel noch weit heraussteht. Die betroffene Stelle sollte daraufhin für den Tierarzt markiert werden. Ein Hufverband ist sowohl bei Entfernen als auch Steckenlassen des Fremdkörpers sinnvoll.

Augenverletzungen

Wenn das Auge blutet oder es zugeschwollen ist, deutet dies meist auf eine Augenverletzung hin. Der Tierarzt sollte sofort informiert werden. Bis zu seinem Eintreffen sollten Fliegen vom Auge ferngehalten werden. Bei einer Augenentzündung ist das Pferd lichtempfindlich und kneift das Auge zu. Dann sollte es licht- und windgeschützt im Stall stehen. Sie ist kein Notfall und kann zunächst beobachtet werden. Allerdings wird auch hier geraten, einen Tierarzt hinzuzuziehen.

Kreuzverschlag

Das Pferd ist steif, bewegt sich plötzlich kaum, die Rückenmuskulatur ist verhärtet und es ist sehr schmerzempfindlich. Der Tierarzt sollte sofort gerufen werden, bis zu seinem Eintreffen sollte man das Pferd beruhigen und es stehen lassen. Wärme durch Decken hilft.

Schlundverstopfung

Der Tierarzt muss hier sofort gerufen werden. Auf keinen Fall darf das Pferd weiter fressen oder trinken. Es hilft, wenn der Kopf des Pferdes tief gehalten wird, sodass kein Futter in die Atemwege gerät. Oft kann es durch nicht genug eingeweichte Rübenschnitzel oder Heucobs zu einer solchen Verstopfung kommen.

Überprüfung der Vitalwerte

Puls, Atmung und Temperatur sollte jeder Pferdehalter im Notfall überprüfen können. Eine Schnur am Fieberthermometer verhindert das Versinken im After. Regelmäßige Schulungen helfen!

Hilfe in Notsituationen

Abschließend möchte Björn Freese noch einen Appell an die Pferdebesitzer aussenden. Ein verletztes Pferd ist immer ein Schock, doch es ist wichtig, in der Notsituation einen klaren Kopf zu bewahren. Wer diese vorab in Erste-Hilfe-Kursen für Pferdehalter durchspielt, kommt vermutlich im Ernstfall besser zurecht. Zudem lernt er dort das Anlegen von Druckverbänden und ähnliche Notfallmaßnahmen.

„Ganz wichtig ist jedoch zu betonen, dass die eigene Gesundheit immer über allem stehen muss“, so Freese. „Es hilft keinem, wenn der Pferdebesitzer kopflos agiert und von seinem sonst so lieben, nun aber panischen Tier selbst verletzt wird. Eine solche Situation ist Neuland und häufig sagen mir Pferdehalter, dass sie ihr eigenes Pferd nicht wiedererkannt haben. Dennoch handeln sie vielfach leichtfertig: Ich habe schon beobachtet, dass Pferdehalter hinten im Hänger mit ihrem verletzten Pferd mitfahren. Das ist natürlich ein No-Go und hochgefährlich. Der Selbstschutz steht immer an allererster Stelle.“

Ein Tipp zum Schluss: „Heute hat jeder von uns ein Smartphone und kann damit Fotos oder Videos machen“, beschreibt Björn Freese. „Mit der digitalen Technik kann der Tierarzt oft schon aus der Ferne gut einschätzen, wie schnell eine Versorgung nötig ist und dies entsprechend mit dem Pferdebesitzer absprechen. Außerdem kann er ihm hilfreiche Tipps für die Zeit dazwischen geben. Etwa, dass auch bei kleinen Verletzungen Hygiene von Anfang an das A und O ist.“

Pflege und Wartung der Stallapotheke

Der genaue Inhalt der Stallapotheke sollte mit dem Tierarzt besprochen werden. Er gibt gern hilfreiche Tipps. Ein No-Go sind abgelaufene Medikamente und Verbandsmaterial! In größeren Ställen lohnt es sich, den Inhalt der Stallapotheke in einem Verzeichnis festzuhalten und einen Verantwortlichen zu bestimmen, der regelmäßig eine Kontrolle durchführt. Dessen Aufgabe beziehungsweise die Aufgabe jeden Pferdehalters ist Sauberkeit und Ordnung in der Stallapotheke zu halten und diese stets auf ihr Ablaufdatum zu kontrollieren. Fehlende Materialien müssen ergänzt werden. Eine Schulung aller Mitarbeiter im Stall ist eine sinnvolle Investition, die auch jedem einzelnen Pferdehalter helfen kann.

Fazit – Sicherheit und Gesundheit für Ihr Pferd

Jeder Pferdehalter trägt eine enorme Verantwortung für sein Lebewesen Pferd. Daher darf die Stallapotheke nicht als „Kann“ angesehen werden, sondern ist ein absolutes „Muss“. Wer gut ausgestattet ist und weiß, was er mit den Utensilien in der Stallapotheke zu tun hat, der kann im Ernstfall selbst unter Stress sinnvoll Erste Hilfe leisten und dem Pferd auch bei schweren Verletzungen oder Erkrankungen wertvolle Zeit verschaffen!

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Die Autorin
Die Autorin

Die Autorin

Geboren 1983 in Mühldorf am Inn, entdeckte ich früh meine Leidenschaft für Schreiben, Kultur, Pferde und Reisen. Nach dem Abitur und einem B.A. in Kulturwissenschaften begann ich 2007 meine journalistische Laufbahn. Mein Artikel über Meredith Michaels-Beerbaums EM-Sieg wurde mehrfach ausgezeichnet. Seither schreibe ich für über 30 Fachmagazine, unterstütze Buchprojekte wie „Ausgewählte Hengste Deutschlands“ und betreue PR-Mandate. Zudem widme ich mich dem Reisejournalismus, etwa in meiner Serie „Turnierhopping“.
Alexandra Koch

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